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Der von PD Dr. Christian Klinke geleitete
Arbeitskreis „Chemische Nanoelektronik“
beschäftigt sich mit der Synthese und
Charakterisierung von Nanokristallen,
insbesondere in Hinblick auf ihre elektroni-
schen Eigenschaften. Kristalline Strukturen
mit Ausmaßen von wenigen Nanometern
können einstellbare Eigenschaften haben,
die man von herkömmlichen Materialien
nicht kennt. Ziel ist es, preiswerte Materi-
alien für die Anwendung als Transistoren
und Solarzellen zu entwickeln
Synthesemechanismen und neue Nanos-
trukturen
Um Nanomaterialien mit neuen Eigen-
schaften gezielt herstellen zu können, ist es
notwendig, die Mechanismen, die zu ihrer
Entstehung in der chemischen Synthese
führen, genau zu verstehen. Dafür werden
die Synthesen mit chemischen und physi-
kalischen Methoden untersucht. Hierdurch
wird es möglich, Nanostrukturen mit nahe-
zu atomarer Präzision herzustellen. Diese
können nicht nur kugel- und stäbchenför-
mig sein, es lassen sich auch pyramidale
und flächige Strukturen erzeugen. Auch die
Form hat Auswirkungen auf ihre Eigen-
schaften und damit auch auf ihre Funktion.
Elektronische Anwendungen
ImVordergrund stehen im Arbeitskreis die
physikalischen Anwendungen als Transis-
toren, Photodetektoren und Solarzellen.
Die grundlegenden Eigenschaften der
Nanostrukturen, die als aktive Elemen-
te der Anwendungen fungieren sollen,
werden dadurch charakterisiert, dass
zunächst einzelne Objekte mit Elektroden
kontaktiert werden und ihre elektrischen
Eigenschaften präzise als Funktion der
angelegten Spannungen und der Tempera-
tur vermessen werden. So ist es gelungen,
aus einzelnen Indiumphosphit-Nanonadeln
Schottky-Dioden und -Transistoren herzu-
stellen. Der Vorteil dieser Strukturen ist es,
dass die Elemente schon in der Synthese
ihre Funktionseigenschaften erhalten und
so nur noch Kontakte angebracht werden
müssen, um das Bauteil fertigzustellen. Die
verwendete Synthese-Methode, die Kolloid-
Chemie von Nanopartikeln, ist sehr flexibel
und erlaubt es, große Mengen gleicher,
Arbeitskreis: Chemische Nanoelektronik
Leiter: PD Dr. Christian Klinke
komplexer Nanostrukturen herzustellen,
sodass ihre Produkte zu preisgünstigen
Anwendungen führen können.
Eine Möglichkeit, weitere Nanostrukturen
herzustellen, besteht darin, Moleküle mit
in die Synthese einzubringen, die in den
Verlauf der Reaktion eingreifen, aber nicht
in das Endprodukt mit eingebaut werden.
Diese stellen einen neuen Freiheitsgrad
in der Synthese dar. So ist es zum Beispiel
gelungen, durch Zugabe von chlorierten
Kohlenwasserstoffen flächige, halblei-
tende Bleisulfid-Materialien herzustellen.
Diese Nanoplättchen haben Ausmaße
von mehreren Mikrometern in der Fläche
und von nur wenigen Nanometern in der
Höhe, wobei die Letztere einstellbar ist. Die
geringen vertikalen Ausmaße der Struktu-
ren führen dazu, dass die Ladungsträger,
die durch Licht in demMaterial erzeugt
werden, quantenmechanischen Effekten
unterworfen sind. Diese Effekte machen
sich umso mehr bemerkbar, je dünner die
Plättchen sind. Neben der Verwendung als
Transistoren sind sie vor allem für effiziente
und gleichzeitig preiswerte Solarzellen von
großem Interesse, nicht zuletzt aufgrund
der CO2-Problematik. Im Hinblick darauf
sind die Halbleiter-Nanoplätten sehr viel-
versprechend: Dadurch, dass sich ihre Höhe
mit den Synthesebedingungen einstellen
lässt, lassen sich auch die Absorptionsei-
genschaften gezielt auf die Anwendung als
Solarzellen hin optimieren. Im Arbeitskreis
werden diese Nanoplättchen als einzelne
Objekte auf ihre optoelektronischen Eigen-
schaften hin untersucht.
Des Weiteren beschäftigt sich die Gruppe
mit dem elektronischen Transport durch
metallische Nanokristall-Filme. Durch
die Langmuir-Blodgett-Technik können
hoch-geordnete Lagen von Nanokristallen,
bestehend aus einer einzelnen Schicht,
hergestellt und auf Elektroden aufgebracht
werden. Die Wanderung der Elektronen
durch diese Schichten wird durch soge-
nannte Tunnelbarrieren bestimmt. Für
gewöhnlich werden diese Hürden als un-
günstig betrachtet, da sie den Widerstand
der Bauteile erhöhen. Die vom Arbeitskreis
untersuchten Filme bestehen aus Nanokris-
tallen, die von gerade diesen Tunnelbarrie-
ren definiert werden und sie somit genutzt
werden. Bei der detaillierten Erforschung
stellt sich heraus, dass sich für Elektronen
bei tiefen Temperaturen Energielücken be-
merkbar machen und das Material sich in
der sogenannten Coulomb-Blockade befin-
det. Dieser Zustand kann durch ein äußeres
elektrisches Feld beeinflusst werden, so
dass sich eine ähnliche Funktion ergibt
wie in Halbleiter-Feldeffekt-Transistoren:
Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Bleisulfid-Nano-Plättchens mit einer Höhe von nur
wenigen Nanometern.