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Abbildung 2: Computercluster bestehend
aus mehreren hundert Rechenkernen, die
durch eine schnelle Netzwerkarchitektur
miteinander verbunden sind.
sind Lösungen für Systeme mit Größenord-
nungen zwischen beiden eine Herausforde-
rung. Die Strukturen sind in einer Dimensi-
on oft nicht größer als wenige Atomlagen.
Hier ist eine atomistische Behandlung
wünschenswert. In ihrer Gesamtheit be-
inhalten sie aber meist tausende bis hun-
derttausende Atome, die eine atomistische
Betrachtung als problematisch erscheinen
lässt. Weiterhin stellen viele experimentell
relevante Größen, wie optische Eigenschaf-
ten und Transport, sogenannte Anregungen
dar. Diese Anregungen sind für eine große
Anzahl an Atomen äußerst schwierig zu be-
rechnen, wie im Folgenden erläutert wird.
Methodenentwicklung
Die Berechnung der quantenmechanischen
Eigenschaften von Festkörpern und Mole-
külen ist mit der Entwicklung der Dichte-
funktionaltheorie (DFT) in den letzten
Jahrzehnten erheblich vereinfacht worden.
Der dabei entstehende numerische Auf-
wand bleibt jedoch sehr groß. Heutzutage
können auf massiv-parallelen Rechnerar-
chitekturen mit hunderttausend und mehr
Rechenkernen (und damit hunderttausend
und mehr parallel laufende Prozesse; siehe
Abbildung 2) Atomzahlen im vierstelligen
Bereich behandelt werden. Obwohl diese
Methode oft als
ab initio
bezeichnet wird,
was bedeutet, dass lediglich die Kernla-
dungszahl und die Masse der Atome als
Eingabeparameter notwendig sind, beruht
sie auf einer Näherung für die Elektronen-
Korrelation. Diese Approximation ist in
vielen Fällen zufriedenstellend, vor allem
bei der Betrachtung der Grundzustandsei-
genschaften, wie die atomare Struktur von
Molekülen oder Festkörpern.
Mit der DFT stoßen wir auf folgende Pro-
bleme: Die Behandlung von einer großen
Atomzahl ist nicht zu bewältigen und
die Berechnung relevanter Eigenschaften
(angeregter Zustände) kann nicht akkurat
behandelt werden. Aus dieser Problema-
tik heraus entwickelt unser Arbeitskreis
numerische Methoden, die beide Probleme
angehen und lösen.
Um die Einschränkung durch die Atomzahl
zu erweitern, entwickeln wir Pseudopoten-
ziale, die
ab initio
bleiben und numerisch
deutlich weniger aufwendig als DFT sind.
Wir verzichten dabei auf eine selbstkon-
sistente Lösung und berechnen gezielt
Zustände in dem energetisch interessanten
Bereich um die Bandlücke. Dies können wir
heutzutage für Strukturen mit mehr als
einer Million Atomen durchführen.
Um dem zweiten Problem, der Berechnung
angeregter Zustände, zu begegnen, arbei-
ten wir an zwei Teilaspekten:
Zum einen an den sogenannten
Quasiteil-
chen-Effekten,
die in prominenter Weise
bei der Photoemission zu beobachten sind.
Dabei werden ein Festkörper oder ein Mo-
lekül mit Licht bestrahlt und die dabei frei-
werdenden Elektronen untersucht. Folglich
werden Übergänge von Systemen mit
N
Elektronen zu Systemen mit
N
-1 Elektronen
betrachtet. Die Energie eines sogenann-
ten Quasiteilchens entspricht genau der
Energiedifferenz der beiden Systeme. Um
diesen Prozess zu beschreiben, muss eine
aufwendige Vielteilchentheorie verwendet
werden, bei der die Pole der Greenschen
Funktion gerade diese Übergänge wieder-
geben.
Zum anderen an Effekten, die mit der
Wechselwirkung zwischen diesen Quasi-
teilchen
zu tun haben. Wenn ein Elektron
durch eine optische Anregung (Absorbieren
eines Photons) vomValenzband in das
Leitungsband übergeht, wechselwirkt es
mit dem verbleibenden Loch imValenz-
band. Dieses fehlende Elektron, oder Loch,
ist positiv geladen, während das Elektron
negativ geladen ist und die Wechsel-
wirkung ist attraktiv. In ausgedehnten
Halbleitern ist dieser Effekt oft vernachläs-
sigbar, da die Wechselwirkung energetisch
imMilielektronenvolt-Bereich liegt. Sie ist
weitaus kleiner als die Photonenenergie,
die sich im Elektronenvolt-Bereich befindet.
Bei Nanostrukturen oder Molekülen kann
diese Wechselwirkungsenergie jedoch sehr
groß werden, da die Wellenfunktionen
von Elektron und Loch auf einem engen
Raumbereich lokalisiert sind und dement-
sprechend stark überlappen. Die theoreti-
schen Lösungsansätze dieser Probleme sind
einerseits die Bethe-Salpeter-Methode und
andererseits quantenchemische Verfahren,
wie die Interaktion der Konfigurationen, die
wir im Arbeitskreis vorantreiben.
Berechnung optischer Eigenschaften nano-
skopischer Systeme
Die optischen Eigenschaften von Nano-
strukturen stehen im Fokus verschiedener,
neu etablierter Forschungsfelder, wie z.B.
der Quanteninformation, bei der einzelne
Lichtquanten (Photonen) die Information
speichern oder übertragen sollen. Bei der
Erzeugung dieser einzelnen Lichtquanten
spielen Nanosysteme eine zunehmend
wichtige Rolle. Des Weiteren stehen
Nanostrukturen in anderen wichtigen For-
schungsfeldern, wie der Photovoltaik, der
Medizin oder der Sensorik im Blickpunkt,
wobei ebenfalls optische Eigenschaften der
Nanomaterialien entscheidend sind. Ande-
rerseits möchte man aus den gemessenen
optischen Eigenschaften Informationen
über die elektronische Struktur, das Vorhan-
densein interner elektrischer Felder, mag-
netischer Momente, bis hin zur Morpholo-
gie und Zusammensetzung der Strukturen
erfahren. Um solch ein Verständnis zu
erlangen, bedarf es einer detaillierten und
akkuraten theoretischen Unterstützung.
Abbildung 3: Kolloidales Halbleiternanopar-
tikel aus Cadmiumselenid. Die Atome sind
als weiße und grüne Kugeln dargestellt und
dieWellenfunktion des höchsten besetzten
Orbitals als rote (positive Phase) und blaue
(negative Phase) Flächen dargestellt.