17373_Bunsenmagazin_UHH_2014 - page 34

32
räumlichen Kohärenz oberhalb von 30
nm. Man stelle sich einen Röntgenlaser im
Labormaßstab vor: REGAE liefert Mittel für
eine solche Vision.
Isolierte Quantensysteme – Gasphasen-
Reaktionsdynamik mit atomarer Auflösung
Dieses Forschungsprojekt widmet sich
der Erkundung molekularer Reaktions-
dynamik und Fotophysik unter isolierten
Bedingungen, wie sie in der Gasphase
anzutreffen sind. Das übergeordnete Ziel
ist es, bei wohldefinierten kleinen Mole-
külsystemen zu beginnen und bis hin zu
biologischen Systemen unter kollisions-
freien Bedingungen zu kommen. So kann
das Verhalten isolierter und von einem Bad
umgebener Systeme kontrastiert werden,
um die Effekte der Umgebung auf das
Viel-Körper-Potential zu verstehen, das die
chemischen und biologischen Prozesse
bestimmt. Schlüsselprobleme der derzeiti-
gen Forschung sind klassische chemische
Reaktionen von der Bindungsbrechung,
Ringöffnung und Isomerisierung hin zu
Ladungstransfer-Prozessen, bei denen die
gleiche molekulare Einheit in der Gaspha-
se und in Lösung untersucht wird. Dabei
ermöglichen neuste Entwicklungen in der
Nanofluidik die Nutzung von Elektronen
als Sonden in Flüssigkeiten. Der Vergleich
desselben Systems mit und ohne Lösungs-
mittel wird Einsichten über Effekte der
Solvatationsdynamik auf Reaktionskoor-
dinaten auf atomarer Ebene ermöglichen
– eines der Hauptziele der physikalischen
Chemie.
Dynamisches TEM für kondensierte
Phasen/Kohärente Elektronen-Bildgebung
und Quellenentwicklung
Dieses Forschungsprojekt zielt auf
in
-
situ
-
Beobachtungen der Struktur und Dynamik
von chemischen Reaktionen in Lösun-
gen ab. Die meiste Chemie und Biologie
vollzieht sich in Flüssigkeiten, und diese
scheinen auf den ersten Blick außerhalb
der Reichweite von Elektronen als Son-
den für Struktur und Dynamik zu liegen.
Um diese Problematik zu lösen, erfolgten
wesentliche Entwicklungen auf dem Gebiet
der Nanofluidik (s. Mueller, J. Phys. Chem.
Lett. 2013). Insbesondere wurde ent-
deckt, dass die flüssige Probendicke durch
dynamische Stabilisierung (ähnlich einem
rotierenden Teller auf einem Stock) auf
wenige Angström stabilisiert werden kann.
Direkte Bildgebung einzelner Nanoparti-
kel während Brownscher Bewegung und
selbst einzelne biologische Makromoleküle
wurden so mit einer Auflösung unterhalb
eines Nanometers abgebildet. Diese Ent-
wicklung eröffnet neue Möglichkeiten zur
in
-
situ
-Beobachtung struktureller Dynamik
in Flüssigkeiten mit Elektronen. Konkrete
Forschungsthemen umfassen die Entwick-
lung kohärenter Elektronenquellen für
kohärente Bildgebung, Dynamik klassischer
photochemischer Reaktionen in Lösung
sowie
in
-
situ
-Studien der Funktionsme-
chanismen biologischer Systeme auf allen
relevanten Zeit- und Längenskalen.
Forschung an zweidimensionalen
Systemen und Oberflächen
Die Miller-Gruppe erweitert zur Zeit die
Anwendung ultraheller hoch-kohärenter
Elektronenquellen auf Reaktionsdynamik
an Oberflächen. Mehrere Methoden zur
Herstellung von Schichtsystemen mit Hilfe
von Robotern werden zur Zeit verfolgt, um
eine Art Filmträger zur Aufnahme atomarer
Bewegung lichtinduzierter struktureller Dy-
namik zu schaffen. Von größtem Interesse
dieses neuen Ansatzes ist die Erforschung
von Oberflächenkatalyse, wobei die Fotoka-
talyse von herausragender Wichtigkeit ist.
Eine derartige Herangehensweise erlaubt
die Herstellung wohldefinierter Materialien
zur Erforschung grundsätzlicher Frage-
stellungen. Die Gruppe ist darüber hinaus
auch eingebunden in Entwicklungen von
Nanospitzen-basierten Elektronenquellen
zur Erzeugung vollständig kohärenter Elek-
tronenstrahlen, die zur holographischen
Rekonstruktion von Reaktionsintermedia-
ten und der Verfolgung von Reaktionspfa-
den unter wohldefinierten Bedingungen
genutzt werden können.
Dieser Forschungsbereich wird die Erfor-
schung ‚dimensionaler Einschränkung‘
molekularer Dynamik ermöglichen sowie
der Erforschung von Reaktionen dienen, in
denen die Kontrollmöglichkeiten sich auf
die Ebene eines einzelnen Atoms bzw. einer
molekularen Schicht hinbewegen.
Kohärente multidimensionale
Spektroskopie: Quantenzustandsdynamik
Diese Fragestellung der Gruppe adressiert
primär die Natur der Quantenkohärenz in
biologischen Systemen und wie es in solch
komplexen Strukturen möglich ist, die sto-
chastischen Fluktuationen entlang von der
Evolution optimierten Reaktionskoordina-
ten zu lenken. Die Miller-Gruppe entwickel-
te dabei multidimensionale Spektroskopie
in Kombination mit kohärenter Kontrolle
als Methode zur Entschlüsselung kom-
plexer Dynamik. Selbst wenn man sich
anstrengt, wohnt einem die natürliche
Tendenz inne, sich Kernbewegungen an-
hand von ‚Kugeln an Federn‘ vorzustellen.
Die obige neue Form der Spektroskopie in
Kombination mit Femtosekunden-Elekt-
ronenbeugung wird eine unauslöschliche
Verbindung zur Wellennatur der Kernbewe-
gungen schaffen.
Theorie : Zeitabhängige Ab-Initio-Metho-
den für Reaktionsdynamik und kohärente
Spektroskopie
Diese Untergruppe arbeitet an neuen
Ansätzen zur Implementierung zeitabhän-
giger
ab
-
initio
-Methoden, um theoretische
Modelle zumVerständnis atomar aufge-
löster struktureller Dynamik zu erarbeiten.
Die Theorie ist ein wesentlicher Teil der
Forschung für die Verfeinerung strukturel-
ler Modelle. Sie bietet jedoch auch Einsicht
in die beteiligten Kräfte. Diese Methoden-
entwicklung hat auch zum Ziel, mögli-
che Experimente mittels Modellierung
lichtinduzierter Chemie unter barrierelosen
Bedingungen zu identifizieren, die wesent-
lich zur Beobachtung korrelierter atomarer
Bewegungen während des Durchlaufens
reaktiver Kreuzungspunkte sind. Einher mit
diesen Methoden geht in natürlicher Weise
die Berechnung hochverfeinerter Potenti-
alflächen, die zur Berechnung der Erwar-
tungswerte der experimentellen Obser-
vablen multidimensionaler Spektroskopie
genutzt werden können, insbesondere zum
Verständnis des Einflusses der Umgebung
auf die Dynamik des untersuchten Systems.
Fundamentale Grenzen minimal-invasiver
Chirurgie und Biodiagnostik
Diese Untergruppe nutzt das neue Ver-
ständnis stark getriebener Phasenübergän-
ge, basierend auf den ersten molekularen
Filmen, in denen relative atomare Bewe-
gung festgehalten wurde, die schneller
als diffusive Stoßprozesse waren (Siwick
et al Science 2003). Ein speziell entwickel-
tes Lasersystem zur Ausnutzung dieser
Erkenntnisse nennen wir den Pikosekun-
den-Infrarot-Laser- oder kurz PIRL-Skalpell.
Kurzgesagt, wurden die Pulsparameter des
Lasers derart entwickelt, dass sie der impul-
siven Antwort von Wasser unter genügend
starkem Supraheizen angepasst sind, d.h.
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...60
Powered by FlippingBook