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Ab-Initio
-Röntgenphysik (Dr. Sang-Kil Son)
Im Bereich der
Ab-Initio
-Röntgenphysik
konzentrieren wir uns auf die mikrosko-
pische, quantenmechanische Charakteri-
sierung der Wechselwirkung von Atomen
und Molekülen mit Röntgen-Photonen.
Dabei bedeutet
„Ab-Initio“,
dass die ver-
wendete theoretische Beschreibung auf
grundlegenden Prinzipien beruht, d.h. auf
fundamentalen Naturgesetzen. Dadurch
gelingt es uns, röntgeninduzierte Prozesse
zeitaufgelöst und präzise zu verfolgen
(siehe Abbildung 1). Die Erkenntnisse, die in
unserer Forschung gewonnen werden, sind
von besonderer Bedeutung für die optimale
Nutzung neuartiger Lichtquellen wie z.B.
den Röntgen-Freie-Elektronen Lasern.
Beispielsweise untersuchen wir, wie solche
Röntgenpulse verwendet werden können,
um direkt das Verhalten von Molekülen im
CFEL Theory Division, Center for Free-Electron Laser Science, DESY
Leiter: Prof. Dr. Robin Santra
Die CFEL Theory Division entwickelt theoretische und numerische Werkzeuge, um das Verhal-
ten von Materie, die intensiver elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt ist, vorherzusagen.
Dazu verwenden wir quantenmechanische und klassische Methoden, die es uns erlauben,
ultraschnelle Prozesse zu untersuchen, die auf Zeitskalen von Pikosekunden (10
-12
s) bis runter
zu Attosekunden (10
-18
s) stattfinden. Unsere Forschungsschwerpunkte sind unter anderem
die Dynamik angeregter Vielelektronensysteme, die Bewegung von Atomen in lichtinduzier-
ten chemischen Reaktionen und der Einfluss von Röntgenstrahlungsschäden auf abbildende
Verfahren mit atomarer Auflösung. Unsere Gruppe umfasst insgesamt ca. 20 Mitarbeiter.
Strahl eines starken optischen Lasers zu
beobachten. Auch beschäftigen wir uns mit
Möglichkeiten, die Bewegung von Elektro-
nen in Materie direkt zu beobachten und
zu kontrollieren. Da Elektronen chemische
Bindungen vermitteln, könnte die Fähigkeit,
Elektronen in Materie zu kontrollieren,
bedeutende Konsequenzen für Anwendun-
gen haben.
Chemische Dynamik (Dr. Oriol Vendrell)
Mit Hilfe von Röntgenlicht können die Po-
sitionen von Atomen in Materie bestimmt
werden. Röntgen-Freie-Elektronen Laser
erzeugen insbesondere extrem intensive
Strahlungsblitze, die so kurz sind, dass sie
vorüber sind, bevor Atome die Gelegen-
heit haben, sich zu bewegen. Pulse von
Röntgen-Freie-Elektronen Lasern können
daher dazu verwendet werden, chemische
Reaktionen gewissermaßen in Echtzeit zu
beobachten. In diesem Zusammenhang
untersuchen wir das dynamische Verhalten
von Molekülen und Clustern in Lichtfeldern,
mit Wellenlängen vom Terahertz- bis in den
Röntgenbereich. Dies wird durch Abbil-
dung 2 illustriert. Die theoretische und
numerische Beschreibung der durch Licht
hochangeregten Zustände in Molekülen
und Clustern ist eine äußerst schwierige
Herausforderung, der wir uns durch die
Entwicklung geeigneter Simulationsver-
fahren stellen. Unsere Forschung in diesem
Bereich könnte es beispielsweise ermögli-
chen, den Einfluss von Strahlungsschäden
in Materie zu reduzieren.
Modellierung komplexer Systeme
(Prof. Dr. Beata Ziaja)
Ein weiteres Ziel unserer theoretischen For-
schung ist die Untersuchung ultraschneller,
durch intensive Strahlung hervorgerufener
struktureller Modifikationen in Festkörpern
(siehe Abbildung 3). Dies schließt auch
Veränderungen optischer und magneti-
scher Eigenschaften von Materialien, als
auch die Bildung von Störstellen, mit ein.
Eine wichtige Anwendung von Röntgen-
Freie-Elektronen Lasern ist die hochauflö-
sende Strukturbestimmung von biologisch
relevanten Molekülen. Unsere Gruppe kon-
zentriert sich in diesem Zusammenhang
auf neue Methoden, um von Streumustern,
die mit Röntgen-Freie-Elektronen Lasern
gewonnen werden, strukturelle Informatio-
nen mit atomarer Auflösung zu gewinnen.
Eine weitere wichtige Anwendung von
Röntgen-Freie-Elektronen Lasern ist die
Erzeugung von Materiezuständen, wie sie
Abbildung 1: Ultraschnelle, röntgeninduzierte Prozesse in einem Xenon-Atom.
Abbildung 2: Ultraschnelles Aufheizen von
Wasser durch einen intensiven Terahertz-
Puls.