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es wurde sichergestellt, dass der Laser-getriebene Phasenübergang
(flüssig zu gasförmig) und die daraus resultierenden Abtragungs-
kräfte auf nur 5-10 Wassermoleküle wirken. Diese Art der Abtra-
gung umgeht vollständig das Problem der Kavitation und daraus
resultierenden Schockwellenschäden im umgebenden Gewebe
bzw. Material. Dieses neue Laserkonzept ist die erste Methode,
die das Schneiden von Gewebe ohne Narbenbildung ermöglicht
und die damit endlich die von Laser-Skalpellen erhoffte Grenze der
(Einzelzell-) minimalinvasiven Chirurgie erreicht. Diese Forschung
wird mittlerweile von einem ‚Advanced Grant‘ des Europäischen
Forschungsrates gefördert und beinhaltet ein Netzwerk von über
50 Chirurgen, die neue Anwendungen in der Neurochirurgie, der
Stimmbandheilung, sowie deren Verwendung beim Einsatz von Mi-
krocochlea-Implantaten und/ oder zur Restrukturierung kritischer
Blutgefäße untersuchen. Unter Ausnutzung dieses Abtragungspro-
zesses konnte auch gezeigt werden, dass Eiweiße aus Flüssigkeiten
vollständig intakt in die Gasphase überführt werden können. Dies
wurde durch massenspektroskopische Analyse des Abtragungs-
prozesses bestätigt. Neue bildgebende massenspektroskopische
Verfahren werden zur Zeit ebenfalls entwickelt, die zum Ziel haben,
die Sensitivität dieser chemischen Analyseverfahren bis hin zum
Nachweis einzelner Eiweißmoleküle zu treiben, und dies unter
Ausnutzung der hohen Effizienz, mit der Eiweiße in die Gasphase
überführt werden können. PIRL öffnet so das Tor zur massenspek-
troskopischen
in
-
situ
-Bildgebung und damit zur Biodiagnostik
einzelner Eiweißmoleküle. Solche Entwicklungen beschleunigen
die Biodiagnostik um Größenordnungen (daher wird weniger Zeit
für Probenpräparation und auch weniger Proben insgesamt benö-
tigt). Diese Art neuer Diagnostik kann während laserchirurgischer
Eingriffe Informationen in Echtzeit zum Operationsstatus liefern
und stellt so eine molekulare Rückkopplung zum Chirurgen her.
Chirurgen nutzen zur Zeit nur den Tast- und Sehsinn während ihrer
Eingriffe. Demnächst steht ihnen ein weiterer ‚Sinn‘ zur Verfügung,
eine Art ‚Geruchssinn‘ auf molekularer Ebene.
All diese potentiellen Anwendungen sind aus der Grundlagenfor-
schung heraus entstanden, die wiederum durch das Ziel, struk-
turelle Übergänge auf atomarer Ebene beobachten zu wollen,
getrieben wurden. Dies ist Zeugnis der großen Bedeutung von
Grundlagenforschung. Man kann niemals vorhersagen, wohin
neue Einsichten führen.