17373_Bunsenmagazin_UHH_2014 - page 36

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Die unabhängige Arbeitsgruppe für
Ultraschnelle Moleküldynamik
erforscht
chemische Umwandlungen in molekularen
Systemen mit modernsten Ultrakurzzeit-
methoden der Spektroskopie. Der Schwer-
punkt der Forschungsaktivitäten liegt
im Bereich der physikalischen und (bio)
chemischen Prozesse in flüssiger Phase.
Die zeitaufgelösten Experimente haben
zum Ziel, die Umwandlungen in Materie
auf den relevanten Längenskalen unterhalb
von Angström und mit einer Zeitauflösung
unter 100 Femtosekunden spektroskopisch
zu verfolgen. Dabei nutzt die Gruppe einen
Spektralbereich, der sieben Größenordnun-
gen umfasst, von THz- bis hin zu harten
Röntgenstrahlen (mit entsprechenden
Photonenenergien von 1meV bis über
10keV). Während THz-Pulse besonders
sensitiv auf intermolekulare Schwingun-
gen und damit auf die Wechselwirkungen
zwischen den Molekülen des Lösungsmit-
tels und des gelösten Stoffes sind, liefert
die Femtosekunden-Infrarotspektroskopie
Informationen über die Struktur innerhalb
eines Moleküls. Elektronische Anregun-
gen können sehr gut mit sichtbarer und
ultravioletter Strahlung verfolgt werden,
und atomar aufgelöste Informationen über
die Valenzladungsdichte, den Spinzustand,
und die umgebene Struktur sind wiederum
mit Röntgenpulsen in einzigartiger Weise
zugänglich. Damit bearbeitet die Gruppe
folgende Forschungsfelder:
Chemie und Magnetismus von Übergangs-
metall-Komplexen –Materialien
Übergangsmetalle zeichnen sich durch
das flexible Verhalten ihrer Valenzelek-
tronen aus, die die Physik und Chemie
UHH-Max-Planck-Forschungsgruppe Ultraschnelle Moleküldynamik
von Übergangsmetall-haltigen Stoffen in
vielfältiger Weise bestimmen. Während
Übergangsmetalloxide in komplexen Mate-
rialien wie Supraleitern, neuen Speicherme-
dien mit kolossalemMagnetowiderstand
wesentlich sind, sind es in der Chemie die
‚artverwandten‘ Übergangsmetallkom-
plexe, die in der Synthese, Katalyse, und
in Metallproteinen eine herausragende
Rolle inne haben. Durch die Fähigkeit, mit
relativ kleinem Energieaufwand und ohne
Brechung von chemischen Bindungen
Elektronen aufzunehmen und abzugeben,
erschließen sich ungeahnte Möglichkeiten,
die in biologischen Prozessen (wie zum
Beispiel der Photosynthese) von entschei-
dender Bedeutung sind. Femtosekunden-
Röntgenspektroskopie, wie sie in Lösungen
insbesondere im weichen Röntgenbereich
von Nils Huse und Robert Schoenlein zum
ersten Mal gezeigt wurde, erlaubt, die Che-
mie von Übergangsmetallen mit atomarer
Auflösung detailliert in den wesentlichen
Freiheitgraden (Spinzustand, Ladungsdich-
teverteilung, strukturelle Änderungen mit
Pikometer-Auflösung) zu erforschen.
Solvatation und Wechselwirkungen in flüs-
siger Phase mit atomarer Auflösung
Als weiteres Forschungsthema bearbeitet
die Gruppe die Wechselwirkungen zwi-
schen Molekülen in flüssiger Phase. Dabei
geht es vor allem um die Beeinflussung
der elektronischen Struktur der gelösten
Stoffe, um zu verstehen, in welcher Art und
Weise die Fluktuationen des Lösungsmit-
tels die Valenzladungsdichte der gelösten
Stoffe und damit ihr chemisches Verhalten
beeinflusst. Dies mündet in der Fragestel-
lung, ob es möglich ist, unter bestimmten
Bedingungen chemische Umwandlungen
gezielt durch ultrakurze Schwingungsanre-
gungen auszulösen. Hier nutzt die Gruppe
die gesamte Breite der Schwingungsspekt-
roskopie, um durch Kombination von THz/
Infrarot und Röntgenstrahlung in Femto-
sekunden-Experimenten auf neuen Wegen
unerreichte Informationen zugänglich zu
machen.
Dynamik Wasserstoffverbrückter Systeme
Wasserstoffbrücken sind in ihrer Art
einzigartig, weil sie schwach genug sind,
um ständig zu brechen und sich neu zu for-
mieren, aber gleichzeitig sehr gerichtet und
damit stark genug, unser Erbgut außerhalb
der Zellteilung stabil und doch zusammen-
zuhalten, die Bausteine und Reaktionszent-
ren von Eiweißen zu formen und Wasser als
einzigartigem Lösungsmittel eine Vielzahl
an Anomalien zu geben. Um zu verstehen,
wie Wasserstoffbrücken die Dynamik
während des Ablaufs chemischer Reaktio-
nen beeinflussen, nutzt die UMD-Gruppe
Schwingungs- und Röntgenspektroskopie,
um den Einfluss struktureller Anregungen
auf das elektronische System (also die
Valenzladungsdichte) mittels Röntgenspek-
troskopie zu verstehen.
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