17373_Bunsenmagazin_UHH_2014 - page 54

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x
ein Protonenstrahl eine starke Ablenkung
durch seine Ladung
x
ein H-Atomstrahl eine starke Ablenkung
durch sein elektronisches Moment
erfahren würde, neben der das kleine Pro-
tonenmoment nicht messbar wäre.
Das Wasserstoff-Molekül hat im Grundzu-
stand folgende Elektronenkonfiguration:
Beide Elektronen sind s-Elektronen, haben
wegen
κ
=0 keinen Bahndrehimpuls und
daher auch keine Bahndrehimpulskompo-
nente in Vorzugsrichtung z. Folglich gibt es
auch kein magnetisches Bahnmoment, was
klassisch schwer verständlich ist.
Beide Elektronen besetzen das 1
V
g
+
-Orbital
mit entgegengesetztem Spin, d.h. der
Gesamtspin S=0 und daher gibt es kein
magnetisches Spinmoment
P
S
. Da weder
vom Bahn- noch vom Eigen-Drehimpuls des
Wasserstoffmoleküls magnetische Momen-
te ausgehen, eignet sich sein Molekülstrahl
ideal zur Bestimmung des magnetischen
Protonenmoments.
Beim zweiatomigen Wasserstoffmolekül
tritt ein weiterer Drehimpuls auf, der
Rotations-Drehimpuls. Dieser wird nach
dem gleichen Schema (“Strickmuster“)
gebildet wie die beiden anderen. Die Rota-
tionsenergien steigen mit der Rotations-
Quantenzahl J = 0, 1, 2,..… etwa quadratisch
gemäß ~J(J+1)
˥
an. Das H
2
-Molekül in
einem Zustand, der durch die Rotations-
quantenzahl J charakterisiert ist, kann 2J+1
verschiedene Rotationszustände einneh-
men mit dem Drehimpuls √J(J+1)
˥
und
den Drehimpulskomponenten
m
J
= -J,...0,...+J. Ohne Vorzugsrichtung sind
die Energiezustände 2J+1-fach entartet.
Dem Rotations-Drehimpuls entspricht ein
magnetisches Rotationsmoment μ
R
, wel-
ches in einem inhomogenen Magnetfeld
zu einer Rotations-Aufspaltung S
R
führt. Bei
hinreichend tiefen Temperaturen ist nur der
Rotations-Grundzustand mit J=0 besetzt,
bei dem auch die Rotations-Aufspaltung
verschwindet.
Nach theoretischer Abschätzung des Fermi-
Mitarbeiters Ettore Majorana (1906-1938)
sollte
P
J
, das dem Rotationsdrehimpuls bei
seiner Wirkung auf die Elektronenhülle
entsprechende magnetische Moment, 3J
Kernmagnetonen betragen.
Als zweiatomiges
homonukleares
Molekül
bringt Wasserstoff eine weitere Kompli-
kation mit sich, die bei der Ermittlung des
magnetischen Protonenmoments beachtet
werden muss: die Kernspinisomerie.
Symmetrie ist ein übergeordnetes Prinzip,
das auch auf physikalische Erscheinungen
angewandt werden kann. Die Symmetrie
äußert sich hier in ihrer Unveränderlichkeit
oder, wie man sagt, Invarianz gegenüber
bestimmten Transformationen.
Unter Parität versteht man die Eigenschaft
eines physikalischen Systems, wie es auf
eine räumliche Spiegelung d.h. auf eine
Inversion seiner Koordinaten reagiert.
Bewirkt wird dies durch einen Paritätsope-
rator
–
, der die räumlichen Koordinaten q
in ihr Negatives überführt
–\
(q) =
\
(-q)
Die Funktion
\
(q) hat eine gerade
Parität (+), wenn
\
(q) =
\
(-q) z.B. y = cos x
und eine ungerade Parität (-), wenn
\
(q) =
\
(-q) z.B. y = sin x
Das H
2
-Molekül hat aufgrund seiner Sym-
metrie das für
–
erforderliche Inversions-
zentrum. Die Paritäten der Rotationszu-
stände lassen sich von den Legendreschen
Polynomen herleiten: Rotationszustände
mit geradzahligem J haben gerade, solche
mit ungeradzahligem J ungerade Parität.
Der Kernspineinfluss macht sich bei
homonuklearen zweiatomigen Molekülen
dadurch bemerkbar, dass die Kernspin-
vektoren I =
˥
√I(I+1) wegen der gleichen
Kernspin-Quantenzahlen I
1
= I
2
= I der
beiden Kerne zu einem Gesamt-Kernspin
T
mit den Quantenzahlen
T = 2I, 2I-1, ..., 0
zusammentreten, dessen Komponenten in
z-Richtung die Quantenzahlen
m
T
= T, T-1,..., -T
haben, d.h. 2T+1-fach entartet sind.
Experimentelle Hinweise führten 1926 zu
einer von Dirac und Heisenberg formulier-
ten Behauptung, die unter dem Namen
Pauli-Prinzip oder Paulisches Antisymme-
trieprinzip bekannt geworden ist, da sie
1940 von W. Pauli aus der relativistischen
Quantenfeldtheorie hergeleitet wurde:
Falls man – wie wir es tun – sich mit einer
nichtrelativistischen Behandlung begnügt,
nimmt das Pauli-Prinzip den Charakter
eines zusätzlichen Postulats an. Angewandt
auf das Wasserstoffmolekül mit 2 nichtun-
terscheidbaren Kernen vom Spin ½ (Fermi-
onen) fordert das Ausschließungsprinzip,
dass sich die den Zustand des Systems cha-
rakterisierende Gesamtwellenfunktion
\
',
abhängig von Raum- und Spinkoordinaten,
\
' =
\
×
D
= Koordinatenfunktion
\
× Kern-
spinfaktor
D
,
antisymmetrisch gegenüber dem gegen-
seitigen Koordinatenaustausch verhalten
muss.
Die Zustände mit Koordinatenfunktionen
gerader Parität müssen mit antisymmetri-
schen Spinfaktoren, die ungerader Parität
mit symmetrischen Spinfaktoren kombi-
niert werden. Mit anderen Worten: bei
A
2
-Molekülen werden aufeinanderfolgende
Energiezustände abwechselnd von Mole-
külen mit entgegengesetzten Spinfaktoren
besetzt.
Für einen Kernspin I existieren 2I+1 ver-
schiedene Orientierungen zur Vorzugsrich-
tung, beim zweiatomigen Molekül (2I+1)
2
und entsprechende Spinfaktoren.
Bezeichnen wir wie beim H
2
mit I = ½ die
spin-up
-Stellung mit u, die
spin-down-
Stellung mit d, dann gibt es 3 Kombinati-
onen, die auf den Austausch symmetrisch
reagieren: uu, dd, ud + du, hingegen nur 1
mit antisymmetrischemVerhalten: ud - du.
Führt man die Überlegungen allgemein mit
den verschiedenen Orientierungs-Quanten-
zahlen m
I
durch, dann ergeben sich
(I+1)(2I+1) symmetrische Spinfaktoren und
I(2I+1) antisymmetrische Spinfaktoren,
d.h. bei I = ½ sind es 3 symmetrische
Spinfaktoren und 1 antisymmetrischer
Spinfaktor.
Vereinbarungsgemäß bezeichnet man
das Kernspinisomer mit dem höheren
statistischen Gewicht 3, d.h. parallele
Kernspins, mit dem Präfix ortho, das mit
dem kleineren statistischen Gewicht 1, d.h.
1...,44,45,46,47,48,49,50,51,52,53 55,56,57,58,59,60
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